Antrag / Anfrage / Rede
Haushaltsrede 2010
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
wenn man das Haushaltsjahr 2010 betrachtet, dann sollte man das Haushaltsjahr 2007 einmal Revue passieren lassen. Man könnte meinen: Das, was wir jetzt erleben, haben wir doch alles schon einmal gehabt. Für das Haushaltsjahr 2007 wurde ein Defizit von 2 Millionen veranschlagt, für das Haltsjahr 2010 weist die Stadt Bad Driburg einen ähnlich hohen Fehlbetrag von 2,1 Millionen aus. Der Fehlbetrag konnte damals wie heute nur durch einen Griff in die Rücklage ausgeglichen werden, mit dem Unterschied, dass am Ende des Jahres 2007 die Rücklage auf nur 300 000 Euro geschrumpft wäre, Ende 2010 werden aber, nach Abzug des Fehlbetrags noch 4,7 Millionen in der Rücklage verbleiben. Von daher war die Situation in 2007 weitaus hoffnungsloser als jetzt in 2010. Die wirtschaftliche Entwicklung in 2007 verlief jedoch entgegen allen Erwartungen außerordentlich gut. Gewerbesteuern, Einkommens- und Umsatzsteueranteile bei gleichzeitiger Ausgabendisziplin sprudelten, dazu noch Millionen Schlüsselzuweisungen vom Land, was alles dazu führte, dass die Rücklage nicht angetastet werden musste. In 2008 hat sich der positive Trend fortgesetzt mit dem Ergebnis, dass zum ersten Mal seit Jahren wieder ein Überschuss im Verwaltungshaushalt in Höhe von 265 000 Euro erzielt werden konnte. Und dann kam der 15. September 2008, als die Nachricht um die Welt ging, dass die 158 Jahre alte Investment Bank Lehman Brothers Konkurs anmelden musste. Man hatte sich mit faulen Hypothekenkrediten verspekuliert. Infolge der Bankenkrise, die sich zu einer Wirtschaftkrise ausweitete, brach das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im Jahr 2009 um 5% ein. Einen solch drastischen Rückgang hatte es seit Gründung der Bundesrepublik noch nie gegeben. Mit Bankenrettungs- und Konjunkturpaketen versuchte die Bundesregierung den totalen Absturz zu verhindern, was natürlich nur durch eine massive Ausweitung der Staatsverschuldung möglich ist. Im Haushaltsplan 2010, über den wir heute Abend beschließen, bekommen wir den wirtschaftlichen Einbruch deutlich zu spüren. Die kommunalen Steuereinnahmen sind, wie es Bürgermeister Deppe in seiner Rede zum Haushalt gesagt hat, „im freien Fall, die Sozialausgaben steigen wie eine Rakete“. Da viele Sozialleistungen über den Kreis abgewickelt werden, erklärt dies größtenteils, aber nicht nur, die massive Erhöhung der Kreisumlage. Die Aussichten für die nächsten Jahre sind düster. In diesem Jahr ein Defizit von 2,1 Millionen Euro, im nächsten Jahr sollen es 3,1 Millionen Euro und 2 Millionen in 2012 sein. Damit wäre dann die eben erwähnte jetzt noch gefüllte Ausgleichsrücklage Mitte des Jahres 2012 endgültig verbraucht. Für die Bewältigung zukünftiger Haushaltskrisen und den Ausgleich von Fehlbeträgen wäre dann kein Geld mehr da. Wenn es dazu käme, hätten wir ein Haushaltssicherungskonzept, mit allen Konsequenzen und für die Bürger einschneidenden Nachteilen. Wie kann es jetzt weitergehen? Woher kann Hilfe kommen. Eine Reform der Gemeindefinanzierung zu fordern, klingt zwar gut, ist aber völlig unrealistisch. Weder das Land Nordrhein-Westfalen noch der Bund mit ihren riesigen Schuldentürmen haben die finanziellen Mittel die Kommunen zu entlasten. Der Finanzminister des Landes NRW, Helmut Linsen, hat Landeshilfen für Not leidende Kommunen vor einigen Wochen abgelehnt und Eigenanstrengungen angemahnt. Wolfgang Schäuble, Finanzminister des Bundes, der in den nächsten Tagen mit Vertretern der Kommunen Gespräche führen wird, wird bei einer zusätzlichen Verschuldung des Bundes um ca. 100 Milliarden Euro in 2010 mit Sicherheit kein Geld für die Kommunen locker machen.
Können wir in diesem Jahr und in den nächsten Jahren nicht genau so wie in 2007 auf einen neuen rasanten Wirtschaftsaufschwung hoffen? Auch das ist unrealistisch. Erst in 2013 wird nach optimistischen Schätzungen das Bruttoinlandsprodukt wieder den Stand vor Ausbruch der Wirtschaftskrise erreichen. Keiner weiß genau, wie weit in den nächsten Jahren die Schere zwischen niedrigen Steuereinnahmen und hohen Sozialausgaben noch auseinanderdriften wird. Weitere, von der schwarz-gelben Koalition in Berlin geplante Senkungen der Einkommenssteuer, an deren Aufkommen die Kommunen mit immerhin 15% beteiligt sind, werden den finanziellen Ruin der Kommunen mit Sicherheit nur noch beschleunigen. Positive Auswirkungen des so genannten Wachstumsbeschleunigungsgesetzes sind nichts weiter als ein hohles Versprechen. Bei dieser Art von Politik geht es nur um die Bedienung der eigenen Klientel.
Die Kreisumlage mit mittlerweile 11 Millionen und damit 37% im Bad Driburger Haushalt ist entschieden zu hoch. Auch der Kreis muss sparen! Hier müsste mehr Druck von den ortsansässigen Parlamentariern im Kreistag ausgeübt werden. Da werden zu wenig kritische Fragen gestellt, z.B. nach der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises, der es bisher nicht gelungen ist, ihre Existenzberechtigung nachzuweisen. Wie viele Arbeitplätze im Kreis Höxter wurden mithilfe dieser ominösen Gesellschaft geschaffen? Wie vielen Unternehmen hat diese Gesellschaft zur Gründung verholfen? Niemand weiß es! Alle Fragen nach Details werden stets aus Datenschutzgründen abgelehnt. Öffentlichkeit ist für diese Gesellschaft ein Fremdwort. Und dafür dürfen die Städte nicht mit einer hohen Kreisumlage bluten! Ein anderer Punkt, für den der Kreis Verantwortung trägt, ist die Zentralisierung der Arge. Wie hat sich dies finanziell ausgewirkt? Wurden die häufig beschworenen Synergieeffekte erreicht? Ist es für die Bürger zu einer Kostenersparnis gekommen?
Die Ursachen für das finanzpolitische Dilemma der Stadt Bad Driburg sind überwiegend in äußeren Bedingungen zu suchen. Alle Fraktionen hier im Rat der Stadt werden uns zustimmen, wenn wir feststellen, dass in den letzten Jahren sparsam und klug gewirtschaftet wurde. Der Schuldenabbau, von uns immer gefordert, ist vorangekommen. Ein geringerer Schuldendienst zahlt sich jetzt in der Krise aus. Das Gleiche gilt für den Personalhaushalt. Wir haben den Eindruck, dass Personaleinsatz und Personalkosten sorgfältig und transparent dargestellt wurden.
Der Zustand der Straßen nach dem langen, harten Winter ist Besorgnis erregend. Nach Aussage des Sprechers des Straßenbetriebs NRW seien die Schäden gravierend und noch schlimmer als im letzten Jahr. Ob der Ansatz im Haushalt für die Straßenunterhaltung ausreicht, darf bezweifelt werden. Auch in den letzten Jahren ist hier nur das Notwendigste gemacht worden. Haushaltsverbesserungen im Laufe des Jahres sollten hier mindestens teilweise eingesetzt werden. Ein Hinauszögern dringend erforderlicher Reparaturarbeiten macht alles nur noch teurer. Das war der Grund für unseren Antrag zum Haushalt. Dass der Sanierung der Langen Straße absolute Priorität eingeräumt wird und im Haushalt dafür finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, ist ganz im Sinne der ödp. Allerdings sollte niemand glauben, dass eine Sanierung der Langen Straße automatisch zu einem höheren Umsatz der anliegenden Geschäfte führt. Hier sind auch Ideen und Konzepte der Geschäftsinhaber gefragt.
Für die ödp-Fraktion ist außerdem ein sicherer Weg für Radfahrer zur Ortschaft Reelsen ein vorrangiges politisches Ziel. Wir hoffen, dass wir durch unseren Antrag eine Diskussion angestoßen haben, die zur baldigen Realisierung dieses Projekt führen wird. Das Freizeitbad an der Brunnenstraße ist durch verschiedene Bau- und Sanierungsmaßnahmen, die von einem aktiven Förderverein angestoßen wurden, in den letzten Jahren deutlich attraktiver geworden. Es wäre fatal, wenn diese positive Entwicklung jetzt gekappt würde. Das gilt generell gerade in Krisenzeiten, wenn die öffentliche Hand ihre Investitionen zurückschrauben muss. Die Motivation der Bürger, sich weiterhin für die Einrichtungen ihrer Stadt zu engagieren, sollte die Stadt erhalten, indem sie ihren kleinen finanziellen Beitrag leistet. Das war der Sinn unseres zweiten Antrags zum Haushaltsplan, einen Betrag von 20 000 Euro für die Erneuerung des Schwimmmeisterhäuschens in 2010 zur Verfügung zu stellen. Der in diesem Gebäude befindliche Erste-Hilfe-Raum ist mehrfach von der Aufsichtsbehörde beanstandet worden.
Bedauerlich ist aus Sicht der ödp-Fraktion die Einzäunung des Kurparks. Hier soll eine neue Einnahmequelle für das gräfliche Haus erschlossen werden, obwohl fast das gesamte Kurbeitragsaufkommen der Stadt an das Privatbad fließt, jährlich immerhin eine Summe von 880 000 Euro. Auch das sind freiwillige Leistungen der Stadt. Aus Sicht der ödp zeigt sich hier ein gestörtes Verhältnis des Privatbades zur Stadt und zu den Bad Driburger Bürgern. Man fragt sich, wie der neue Hoteldirektor, Herr Beck, nach wenigen Wochen in Bad Driburg in einem Zeitungsartikel der Neuen Westfälischen vom negativen Image der Stadt Bad Driburg reden kann. So kann die Zusammenarbeit zum Wohl der Stadt nicht funktionieren. Die Vertreter der Stadt sollten selbstbewusster und in gleicher Augenhöhe dem Privatbadbesitzer gegenüber treten.
Bei der Therme sehen wir im Gegensatz zu den meisten der im Rat vertretenen Parteien keine Fortschritte, die zu Hoffnung Anlass gäben, auch nicht eine Verbesserung in kleinen Schritten. Strukturell hat sich nichts geändert, eine Lösung ist nicht in Sicht. Ein paar Besucher mehr pro Tag bringen unter Strich keine wirkliche Verminderung der Verluste. Die moderate Erhöhung der Eintrittspreise bringt nichts, wenn die Eintrittskarten über Kooperationspartner mit hohen Rabatten verkauft werden, nur um auf diese Weise mehr Gäste ins Bad zu locken. Scheinbar sinkende Verluste in der Bilanz werden auch durch geringere Investitionen erkauft, was angesichts des Alters der Einrichtung auf Dauer nicht gut gehen kann. Man muss sich immer wieder die Frage stellen, ob in Zukunft, bei immer enger werdenden finanziellen Spielräumen die Stadt Bad Driburg ihren Bürgern und Gästen 10 Euro Zuschuss für den Besuch der Therme zahlen kann. Wenn genug Geld da ist, was in der Vergangenheit meistens der Fall war, stellt sich diese Frage kaum. Das könnte sich aber bald ganz schnell ändern. Wer an der Therme in ihrer jetzigen Struktur rigoros festhält, müsste dann bei anderen freiwilligen Leistungen, ob Stadtbücherei, Musikschule, Sportanlagen, Jugendarbeit und verschiedenem mehr, kürzen. Diesem Problem sollte hier im Rat der Stadt keiner aus dem Weg gehen. Im Haushaltsplanentwurf wird dies deutlich auf der Seite 23 ausgesprochen (Zitat): „Gleichzeitig wird aber auch zu prüfen sein, welche Standards dem Bürger in künftigen Haushaltsjahren noch angeboten werden können.“ Auf diese Diskussion dürfen wir alle gespannt sein.
Ich komme zum Schluss meiner Ausführungen. Obwohl wir nicht in allen Punkten mit dem eingeschlagenen Kurs, wie er sich im Haushaltsplanentwurf niederschlägt, übereinstimmen, sagt die ödp-Fraktion Ja zum Haushalt. Wir danken dem Bürgermeister, der Verwaltung und insbesondere der Kämmererei für die umfangreiche Arbeit, die in einem solchen Planentwurf steckt. Ihnen allen danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.